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Hochsensibilität – Ich komme mir manchmal vor wie ein Alien

Zwei Finger berühren sich

Christiane RöschChristiane Rösch ist medizinische Fachangestellte in Teilzeit. Momentan baut sie sich ihr Gewerbe als Beraterin und Coach für Hochsensible auf. Mit diesem neuen Projekt erfüll sich die hochsensible Entspannungstrainerin und Hypnosecoach ihren Traum vom eigenen Business.

Frau Rösch, Sie sind hochsensibel – was bedeutet das?

Wo soll ich da anfangen? Es ist ein sehr komplexes Thema. Ich selbst weiß seit sechs Jahren, dass ich hochsensibel bin. Seit dieser Zeit habe ich mich sehr stark mit dem Thema beschäftigt. Hochsensibilität bedeutete, dass Betroffene eine feinere, komplexere differenziertere Wahrnehmung haben. Sie spüren mehr mit all ihren Sinnen und viele erspüren zusätzlich die Stimmungen und Schwingungen anderer Menschen. Sobald ich einen Raum betrete, merke ich zum Beispiel sofort, welche Stimmung dort herrscht. Im direkten Kontakt zu Menschen erfühle ich häufig allein durch Mimik oder Gestik, welche unbearbeiteten Themen und Ängste die Person hat – oder ob sie unruhig oder aggressiv ist.

Ist Hochsensibilität also eine Superkraft?

Ja, das ist es schon. Es gibt aber auch Situationen, die alles andere als super sind. Ich sage gerne: Es ist ein Fluch und ein Segen. Es ist immer ein Drahtseilakt, dass es sich die Waage hält und nicht ins Negative abdriftet.
Ich glaube, es ist wichtig zu erkennen, dass man hochsensibel ist – dann lässt sich Vieles in einem anderen Blickwinkel betrachten. Meine Mutter hat mir in meiner Kindheit immer vorgeworfen, ich würde mir das alles nur einbilden, wenn ich da so viel mehr wahrgenommen habe. Haben Betroffene es einmal für sich erkannt, kann die Hochsensibilität auch seine ganz große Gabe sein. Wir müssen nur lernen damit umzugehen.
Für mich ist eine der größten Herausforderung das Miteinander mit Nicht-Hochsensiblen. Zwischen Nicht-Hochsensiblen komme ich mir manchmal vor wie ein Alien. Dann muss ich mich oft selbst darauf hinweisen, dass ein Nicht-Hochsensibler die Dinge eben anders sieht. Und dann ist da auch noch die Sache mit der Überreizung: Je mehr Leute um mich herum sind, desto anstrengender wird es für mich. Und manchmal, wenn einfach alles zu viel ist, da komme ich dann auch in diese Überstimulation, bei der ich anfange zu zittern und in einfach aus dieser Situation raus möchte. Inzwischen kann ich damit ganz gut umgehen, aber es ist einfach da.

Das heißt also Hochsensibilität ist rein kognitiv und weniger körperlich?

Nicht direkt. Denn der Körper an sich ist auch hochsensible. Was ich zum Beispiel nicht ertragen kann, ist einengende Kleidung – oder diese kratzigen Etiketten. Ich vertrage auch nicht alle Medikamente, weil mein Körper darauf einfach zu heftig reagiert. Der Körper ist im Grunde auch hochsensibel. Wir Hochsensiblen haben im Prinzip einen Körper wie ein Kleinkind. Wir sind auch oft Spätzünder. Hauptprobleme oder Reizdarm sind da ganz typisch – das bricht dann häufig aus, wenn alles zu stressig wird. Was ich auch nicht lange ertragen kann ist Hungergefühl. Da werde ich, genau wie in der Snickers-Werbung, zu einem kleinen Monster.

Woher weiß ich denn, dass ich hochsensibel bin?

Es sind viele Dinge an denen man die Hochsensibilität erkennen kann. Oft ist es die Reaktion des Umfelds, an der wir uns orientieren können. Hochsensible bekommen häufig zu hören, sie sein ja so empfindlich. Medizinisch ist die Hochsensibilität allerdings noch nicht diagnostizierbar. Vielen Ärzten oder sogar Psychologen sagt das Thema noch nichts. Weil Hochsensible viel früher in ihrem Körper spüren, dass etwas nicht stimmt, tun sie manche Ärzte sogar als Hypochonder ab.

Was hat Sie motiviert die Ausbildung zur Fachberaterin Hochsensibilität bei BIEK zu machen?

Mich beruflich in die Richtung Beratung für Hochsensibilität zu entwickeln, ist mir ein ganz großes, innerliches Bedürfnis. Ich glaube, es wäre eine Sünde, wenn ich mein Wissen und meine Erfahrung nicht nutzen würde, um anderen zu helfe. Schließlich habe ich mir mittlerweile schon so viel davon angeeignet. Ich möchte es anderen Hochsensiblen ermöglichen, ein gutes Leben mit der Hochsensibilität zu führen. Viele leiden besonders deshalb so darunter, weil sie noch nicht wissen, dass sie hochsensibel sind. In dem Moment, in dem der Betroffene es endlich weiß, kann er auch lernen, damit umzugehen. Dann fällt es auf einmal viel leichter, den eigenen Tagesablauf zu managen, ganz genau auf die Bedürfnisse zu hören und auch das Positive in dem Ganzen zu sehen. Und noch mehr: Ich will andere Leute zu ihrem Potential führen. Schließlich sich Hochsensible in der Regel sehr intelligent und haben eine hohe Intuition.

Was haben Sie in der Ausbildung gelernt?

Die Ausbildung war toll! Gelernt haben wir als erstes, wie ein Hochsensibler tickt. Wir haben außerdem gelernt, welche Unterschiede es zwischen Hochsensiblen gibt – und vor allem was die Unterschiede zu Nicht-Hochsensiblen sind. Es gib diverse Selbsttest, die wir dort auch durchgeführt haben: Zum Beispiel den Myer Briggs Test, den HSP-Test oder den Test von Elaine Aron. Diese Tests helfen einmal festzustellen ob wir denn hochsensibel sind und anschließend, um den Grad der Sensibilität zu bestimmen. Das Thema Burnout war auch ein Punkt in der Ausbildung, da Hochsensible besonders anfällig für diese Art des Ausbrennens sind. Weitere Schwerpunkte sind auch Glück, Genuss und was das Leben schön macht. Wir haben gewisse Methoden erlernt, die es vereinfachen, mit der Hochsensibilität umzugehen und auch Betroffene besser zu verstehen.

Welchen Mehrwert haben Sie aus der Ausbildung zur Fachberaterin Hochsensibilität mitgenommen?

Ich bin sehr froh, dass ich die Ausbildung gemacht habe. Denn das war einfach noch das i-Tüpfelchen, das mir für meine professionelle Weiterentwicklung gefehlt hat. Ich würde die Ausbildung jedem, der sich in diese Richtung entwickeln will weiterempfehlen. Für mich als Beraterin habe ich vor allem die Tools und Methoden aus der Ausbildung mitgenommen. All das erweitert meinen Werkzeugkasten prima, sodass ich es super in der Beratung anwenden kann. Mein Wissen habe ich durch die Ausbildung auf sichere Füße gestellt und mir wurden außerdem noch ein paar neue Wege aufgezeigt, wie ich meinen zukünftigen Klienten bei ihrer Persönlichkeitsentwicklung helfen kann. Ich freue mich darauf, alles was ich gelernt habe bald meinen Klienten zu vermitteln.
Die Ausbildung hat mich aber auch persönlich weitergebracht. Denn sie hat mir zum einen bestätigt, was ich mir schon davon gedacht habe und mir noch weitere Erkenntnisse darüber verschafft, wie ich ticke und was mich ausmacht. Ein ganz großer Mehrwert ist auch das Netzwerk, das man sich automatisch aufbaut. Ich habe beispielsweise noch mit anderen Teilnehmern über das Seminar hinaus Kontakt. Das finde ich ganz toll.

Vielen Dank für Ihre Zeit, Frau Rösch. Haben Sie noch eine Weisheit für alle Hochsensiblen da draußen?

„Die schönen Dinge sieht man nur, wenn man langsam geht.“ Für mich bedeutet das, dass wir immer wieder innehalten sollten, um unser Leben von einer anderen Perspektive zu betrachten und auf sich zu hören, satt immer nur das zu tun, was Andere von einem verlangen. Die eigenen Bedürfnisse gehen immer vor!

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