Wo bleibt meine innere Freiheit?
Endlich eine eigene Bude und machen können, was ich will. Wie oft habe ich mir das in meinen wildesten Phantasien ausgemalt. Lange Abende mit der besten Freundin auf der Couch rumlümmeln und einen Monstereimer Popcorn knabbern. Alle Klamotten einfach nur von mir abschütteln und in die heiße Wanne steigen, ohne dass jemand sich darüber beschwert, dass man hier nur noch mit Gummistiefeln durchkommt. Das ganze Wochenende gammeln, ohne auch nur einmal das Bett verlassen zu müssen. Niemand, der nörgelt, keiner, der etwas von mir will, keine Verpflichtungen.
Doch mal ehrlich: Was ist davon übriggeblieben? Anstatt: „Tolles Wetter, nix wie an den Baggersee!“, denke ich heute eher „Tolles Wetter, da trocknet die Wäsche gut!“ Wo bleibt da meine innere Freiheit? Mein rebellierendes Ich?
Biete Eltern, suche innere Stimme
Hätte mir das irgendjemand vor 5 Jahren gesagt, hätte ich ihn für verrückt erklärt, aber bevor ich das Haus auf dem Weg zur Arbeit verlasse, mache ich mein Bett und räume auf. Warum? Weil ich es liebe, wenn alles aufgeräumt ist, wenn ich von der Arbeit komme? Oder weil man das halt so macht? Habe ich mich dazu bewusst entschlossen oder ist es ein Relikt der Erziehungsversuche meiner Eltern? Wann habe ich solche Dinge das letzte Mal hinterfragt? Habe ich im Grunde nur die Ermahnungen meiner Eltern gegen meine innere Stimme eingetauscht? Setzt meine innere Stimme am Ende die Erziehung meiner Eltern fort? Ist das gut für mich oder eher nicht?
Selbstverantwortliches Reifen
Sicherlich ist es wichtig, dass wir als erwachsene Menschen die Verantwortung für unser Denken und Handeln übernehmen. Das ist ein ganz elementarer Bestandteil des Erwachsenwerdens. Denn viele Menschen hatten keine optimale Kindheit oder haben das ein oder andere Konzept der Erziehung vielleicht zu Hause nicht kennen gelernt. Das bedeutet jedoch nicht, dass wir nicht selbstverantwortlich nachholen könnten, was uns entgangen ist. Jeden Tag haben wir die Möglichkeit unseren Charakter zu vervollkommnen. Das steht uns frei, es ist unsere Chance und unsere Verantwortung.
Wenn Muss-Vorstellungen unser Leben diktieren
Muss-Vorstellungen können aber geradezu ein Eigenleben beginnen, und das geht dann nicht zuletzt auf Kosten unserer Lebensqualität. Wenn Sie vor lauter Muss-Vorstellungen keine Möglichkeit mehr haben, Ihr Leben zu leben, dann seien Sie sicher, dann läuft etwas gehörig schief. Sicher müssen Sie arbeiten, um zu Leben und bestenfalls auch um sich selbst zu verwirklichen. Doch müssen Sie auch ständig Überstunden machen? Sicherlich nicht. Müssen Sie Ihr Leben lang an der gleichen Arbeitsstelle festhalten, auch wenn Sie unglücklich sind? Nein, gewiss nicht. Müssen Sie sich zu Hause ständig abrackern, um es Ihrer Familie recht zu machen? Höchstens bis zu einem bestimmten Grad, aber es gibt auch alternative Lebensmodelle als nur die klassische Rollenverteilung. Außerdem werden Sie nicht gleich zu einem schlechten Elternteil, nur weil das benutzte Geschirr mal stehen bleibt oder Ihre Wohnung nicht immer hygienisch rein ist. Haben Sie Mut, Ihre Muss-Vorstellungen zu hinterfragen. Haben Sie Mut zu leben. Haben Sie Mut, Ihre eigenen Muss-Vorstellungen zu überwinden, um zu einem zufriedeneren und harmonischeren Leben zu finden.
