Wir alle lieben sie, diese Tage, an denen alles perfekt läuft. Wir schwimmen geradezu auf einer Welle von Glück und das ganze Leben scheint in einer ungeahnten Leichtigkeit an uns vorbeizuziehen. Doch wie verhält es sich bei Ihnen, wenn es einmal gar nicht gut läuft? Wenn Sie sich abrackern, aber das Gefühl haben, auf der Stelle zu treten? Oder vielleicht auch in einer regelrechten Krise stecken, in der Sie verlieren. Eine Arbeitsstelle, einen wertvollen Menschen oder was Ihnen sonst wichtig und wert ist?
Dann kommt eine ganze Menge an Emotionen hoch, die verarbeitet werden wollen. Und mit diesen Emotionen kommen die Tränen.
Haben wir Angst vor Tränen?
In unserer Gesellschaft ist es nicht üblich, dass wir unseren Tränen freien Lauf lassen, schon gar nicht in der Öffentlichkeit. Doch warum gibt es sie dann und sind sie überhaupt wichtig? Haben wir vielleicht sogar Angst vor unseren Tränen?
Tränen als Schutz
Tränen schützen unsere Augen. Rein körperlich gesehen ist die Reinigung von Fremdkörpern oder schädlichen Substanzen, die ins Auge eingetreten sind, die erste Aufgabe der Tränen. Auch wenn Babys die ersten Monate noch keine Tränen produzieren, wenn sie weinen, nutzen sie dies doch dazu, um auf sich aufmerksam zu machen. Sie benötigen Zuwendung, Nahrung oder Pflege, wenn sie weinen, und eine andere Ausdrucksmöglichkeit steht ihnen noch nicht zur Verfügung. Doch je älter wir werden, desto mehr schämen wir uns unserer Tränen. Sie gelten als Waffe der Manipulation, sie sind unmännlich oder gar nur peinlich.
Die Seelen-Arbeit der Tränen
Wussten Sie, dass Tränen auch unsere Seele reinigen können? Sie können uns helfen, unsere Gefühle zu verarbeiten und seelisch wieder ins Lot zu kommen, wenn wir ganz tief am Boden sind. Dazu möchte ich Ihnen die ecuadorianische Jugendbuchautorin Maria Fernanda Heredia zitieren, die in ihrem Buch „Der Regen weiß warum“ eine wunderschöne Passage dazu geschrieben hat:
„Lass zu, dass sie kommen, Lucia“, sagte die Großmutter von irgendwoher.
„Wer?“
„Die Tränen! Manchmal scheinen es so viele zu sein, dass du Angst hast, darin zu ertrinken, aber es ist nicht so!“
„Glaubst du, dass sie eines Tages aufhören werden zu kommen?“
„Klar!“, sagte die Großmutter mit einem süßen Lächeln. „Die Tränen bleiben nicht allzu lange, sie erledigen ihre Arbeit und gehen dann wieder ihres Weges.“
„Und was ist ihre Arbeit?“
„Es ist Wasser, Lucia! Sie reinigen, klären…Wie der Regen. Nach einem Regen sieht alles anders aus.“
Ich wünsche Ihnen, dass Ihre Tränen auch Ihnen helfen, Lebenskrisen zu überwinden, um aus diesen gestärkt herauszugehen. Denn nach einem Regen sieht alles anders aus.
