Ein Mann kam zu einem Gelehrten und klagte diesem sein Leid. „Ein Leben lang schon bin ich tagein tagaus damit beschäftigt, zu arbeiten und mir eine gewisse Sicherheit zu schaffen, auf dass ich im Alter nicht hungern möge. Ich lernte ein wunderbares Mädchen kennen und heiratete es. Meine Last vergrößerte sich, denn nun musste ich mich nicht nur um mich selbst, sondern auch um ihr Wohl kümmern. Ich sorgte mich, dass ich nicht genug verdienen könnte, uns beide zu ernähren.
Dann bekam sie unser erstes Kind, während Sie des Glückes erfüllt war, vermehrten sich meine Sorgen und Ängste. Ich arbeitete noch härter und länger, doch meine Sorgen nahmen nicht ab. Ich sah meine Familie schon jetzt kaum noch, so rackerte ich mich ab. Danach kamen die beiden Kleinen und ich wusste manchmal kaum ein noch aus. Nicht, dass ich kein Geld verdient hätte, nur fürchtete ich doch, es reichte nicht aus. Wie viel ich auch arbeitete, immer hatte ich Angst, es könnte nicht reichen.
Die Jahre vergingen und die Kinder wurden größer. Sie sollten eine gute Ausbildung und einen guten Start ins Leben haben, so wollten wir es, meine geliebte Frau und ich. Doch ich fürchtete, ich könnte es nicht schaffen. Manchmal glaube ich, ich kann tun, was und wie viel ich will, meine Angst wird immer größer statt kleiner. Sie beherrscht mein ganzes Leben. Sagt mir, weiser Mann, was soll ich noch tun?“
„In meiner Jurte lebt eine kleine Maus. Sie kommt gerne heraus, um an meinen Schriften und Büchern zu knabbern. Begebe ich mich auf die Jagd nach ihr, wird sie sich vor mir verstecken und am Ende werde ich nichts anderes tun, als nur noch nach ihr zu jagen“, sagte der Alte. Dann fuhr er fort. „Ich habe meine wertvollsten Papiere in einer Truhe so gelagert, dass die Maus sie nicht erreichen kann. Die weniger wichtigen lasse ich an Ort und Stelle. So knabbert sie bisweilen an diesen. Das ist, was Mäuse tun. Sie ist und bleibt somit genau das, was sie ist: eine kleine Maus“, setzte er hinzu. „Ich lasse nicht zu, dass sie mein Denken und Tun bestimmt, noch dass sie zu mehr wird, als sie ist: eine kleine Maus. Richte deine Angst höchstens auf einige weniger wichtige Dinge. So bleibt dir Mut genug, zu tun, was wichtig ist, und dein Leben zu leben“, sprach der weise Mann und ging langsam seines Weges.