Müssen wir uns schlecht fühlen, wenn wir den Drang verspüren zu weinen? Ich denke nicht. Denn meine Erfahrungen waren bisher immer so, dass ich mich besser gefühlt habe, nachdem ich geweint habe. Ich fühlte mich wie von einer Last befreit. Manchmal konnte ich sogar schon wieder ein wenig lächeln, nachdem ich mir die Tränen aus dem Gesicht gewischt hatte.
Tränen heilen
Bestimmt geht es Ihnen auch so. Man könnte meinen, dass das Salz der Tränen die seelischen und emotionalen Wunden reinigt und verschließt. All das, was Kummer bringt oder vielleicht auch Angst, wird mit jeder Träne ein bisschen weniger. Aufgelöst und weggeschwemmt.
Gefühle fluten den Körper
Gefühle stauen sich im Inneren an und fluten letztendlich das gesamte Sein. Sie übermannen einen geradezu und suchen sich durch die Tränen ein Ventil, durch das sich das Übermaß abbauen kann. Danach fällt es leichter, wieder nach vorne zu schauen.
Das ist wichtig, denn wie sagte Rabindranath Tagore, der berühmte indische Dichter und Nobelpreisträger: „Wenn du Tränen vergießt, weil du die Sonne nicht siehst, siehst du auch die Sterne nicht.“
Ist Weinen reine Privatsache?
Wir schämen uns, wenn wir in der Öffentlichkeit weinen. Wir haben Angst davor, uns verletzlich zu zeigen. Wir fürchten uns davor, dass andere sehen könnten, was wir tief in unserer Seele empfinden.
Lassen Sie einfach zu, dass sich Ihre Gefühle ihren Weg suchen, gleich wann und gleich wo. Das sah auch der berühmte Beatle John Lennon so. Ihm wird das Zitat zugeschrieben: „Wenn Gefühle letztendlich heraus gelassen werden, bringen sie dich zum Weinen, und das ist einfach so.“
Lernen wir zu weinen
Sie sollten sich nicht schlecht fühlen, wenn Sie weinen müssen. Lassen Sie zu, dass sich Ihre Tränen einen Weg bahnen. Im Kino, im Theater, vor dem Fernseher oder wann und wo auch immer. Zeigen Sie, dass Ihnen Ihre Gefühle wichtig sind. Denn Ihre Gefühle sind Ausdruck Ihrer Persönlichkeit.
Weinen kann eine Möglichkeit sein, um Hilfe zu bitten, und vor allem, diese Hilfe auch zu erhalten. Sie können der Türöffner zu einer mitfühlenden Seele sein. Sie können der Beginn eines sehr bereichernden Gesprächs sein. Sie können der Schlüssel zu tiefgründigen menschlichen Beziehungen sein.
Weinen verbindet
Wenn ich weine, kann ich andere Menschen viel intensiver und näher spüren, selbst wenn sie mir eigentlich fremd sind. Denn Tränen bringen Menschen einander näher. Oft genug fehlen genau diese Impulse in unserer modernen, gefühlskalten und leistungsorientierten Zeit. Es kostet Mut, sich von der eigenen menschlichen Seite zu zeigen. Gerade für Männer, bei denen auch heute noch das Vorurteil gilt, dass Weinen ein Zeichen von Schwäche sei. Doch ist Weinen nicht vielmehr ein Ausdruck des Mutes, den eigenen Gefühlen freien Lauf und Ausdruck zu verleihen?