Am 20. Mai ist der Welttag der Meditation. Das nehme ich zum Anlass, mich im heutigen Blogartikel ausführlich mit dieser Methode zu beschäftigen und dabei zu beleuchten, was Meditation bedeutet, was sie bewirkt und was unter anderem die Neurowissenschaft dazu sagt.
Meditation früher und heute
Wie bereits im Blogbeitrag „Achtsamkeit, Meditation, Yoga: Steckt hinter diesen Begriffe das Gleiche?“ beschrieben, gibt es keine allgemeingültige Definition des Begriffes „Meditation“. Einfach aufgrund der Tatsache, dass Meditation nicht gleich Meditation ist. Sie kann entspannend wirken und somit Stress reduzieren, jedoch auch anregend oder konzentrationsfördernd sein. Das kommt ganz auf die Art der Meditation an. Auch muss bei einer Meditation nicht zwangsläufig gesessen werden. Stand-, Geh- und sogar Tanzmeditationen sind ebenfalls möglich! Je nachdem, was man erreichen möchte.
Der Grund für diese Vielfältigkeit liegt darin begründet, dass Meditation ursprünglich nicht ausschließlich zur Entspannung gedacht war, sondern als ein Pfad zur Selbsterkenntnis gesehen wurde und damit zur Erleuchtung und Befreiung von irdischen Zwängen. Und um dieses zu erreichen, war es empfehlenswert, verschiedene Meditationsarten anzuwenden, um sich zu entwickeln und seinen Geist frei zu machen.
Und auch wenn heutzutage Meditation hauptsächlich zur Entspannung eingesetzt wird (und dass diese Methode tatsächlich entspannend und stressreduzierend wirkt, wurde in verschiedenen Studien bewiesen), sollten wir nicht vergessen, dass wir mit einer regelmäßigen Meditationspraxis viele weitere positive Resultate erzielen können.
Meditation wirkt bei Stress und fördert Güte und Mitgefühl
Meditation hat, wie bereits geschrieben, sehr viele positive Effekte auf unsere Gesundheit und fördert zudem auch Güte und Mitgefühl. Das wurde bereits in einigen Studien bestätigt: Zum Beispiel zeigten Breedvelt et al. Verbesserungen bei Depressionen, Ängsten und Stress auf und Seppala et al. konnten positive Veränderungen in Mitgefühl und Güte feststellen.
Neben diesen nun eher subjektiven Empfindungen (die genannten Studien enthielten ausschließlich Befragungen nach dem Gemütszustand der Teilnehmenden), gibt es auch Forschungen, die ganz konkret mit einer Verbesserung von handfesten, physiologischen Werten aufwarten können.
Was Meditation alles zu leisten vermag
Ein hoher Blutdruck, ein schneller Puls, angespannte Muskeln und große Mengen der Stresshormone Adrenalin und Cortisol im Blut beziehungsweise im Speichel deuten darauf hin, dass ein Mensch gestresst ist. Hierbei kann Meditation ganz klar helfen. Puhlmann et al. stellten beispielsweise fest, dass sich die Cortisol- als auch die Cortison-Konzentration in den Haaren von Langzeit-Gestressten durch eine regelmäßige Meditationspraxis, die mindestens drei Monate lang beibehalten wurde, sinken ließ! Engert et al. kamen in ihren vier Jahre zuvor durchgeführten Studien mit verschiedenen anderen Stress-Markern auf ähnliche Ergebnisse.
Darüber hinaus wurde bei Patienten, die aufgrund eines hohen Blutdrucks in Behandlung waren, festgestellt, dass deren Blutdruck durch regelmäßig angewandtes Meditationstraining signifikant gesenkt werden konnte! Das stellten beispielsweise Rainforth et al. und Dusek et al. in ihren Studien fest!
Doch Meditation kann noch viel mehr, wie beispielsweise Linderung von Depressionen (Studien von Timm et al.), Bekämpfung von Entzündungen (Studien von Wielgosz et al.) und sogar die Verlangsamung der Zellalterung (Studien von Dr. Clifford Saron)! Auch wenn vielleicht die bisherigen Studien dazu (siehe alle unter Literatur) durch weitere und tiefergehende Forschungen verifiziert werden sollten, zeigt sich doch ganz deutlich, was Meditation alles großartiges zu leisten vermag!
Was passiert beim Meditieren in unserem Gehirn?
Doch wie genau funktioniert das? Was passiert in unserem Körper beziehungsweise in unserem Gehirn während einer Meditation? Dazu liefert die Neurowissenschaft Antworten.
Valk et al. beschreiben beispielsweise in ihren Studien, dass es zu einer signifikanten Zunahme der Struktur folgender Gehirnregionen gekommen sei: Der vorderen Inselrinde, welcher ein Teil der Großhirnrinde ist, ebenso des mittleren cingulären und orbitofrontalen Kortex, welche beide zum limbischen System gehören. Außerdem des vorderen cingulären Kortex, des Gyrus supramarginalis, bei dem es sich um eine Windung der Großhirnrinde handelt, und des dorsolateralen, präfrontalen Kortex, bei dem es sich um einen Teil des Frontallappens der Großhirnrinde handelt. All diese Regionen sind unter anderem verantwortlich für Empathie und Emotionsregulation. In der gleichen Studie wurden außerdem auch Strukturzunahmen im Orbitallappen, welches ein Teil der Großhirnrinde ist, und in einigen Regionen, die unterhalb der Großhirnrinde liegen, festgestellt. Diese Regionen sind unter anderem verantwortlich für die Entwicklung von Mitgefühl.
Auch der Neurowissenschaftler Dr. Ulrich Ott forscht viel auf diesem Gebiet und konnte unter anderem zeigen, dass durch regelmäßiges Meditieren der insuläre Kortex (die Inselrinde, die ein Teil der Großhirnrinde ist) trainiert wird und man dadurch ein besseres Körpergefühl und eine verbesserte Körperwahrnehmung bekommt. Außerdem konnte auch er eine Zunahme der Zellstrukturen im Gehirn feststellen. All das und noch viel mehr beschreibt der Wissenschaftler sehr gut und allgemeinverständlich in seinem Buch „Meditation für Skeptiker“.
Ein kurzes Interview kann man sich auf YouTube ansehen: https://www.youtube.com/watch?v=oaVlC3kMD3g
Und was kann man jetzt mit diesen Erkenntnissen anfangen?
Eine ganze Menge! Neben der Erkenntnis, welche Regionen im Gehirn positive Veränderungen durch Meditation erfahren, konnte außerdem auch gezeigt werden, welche Arten der Meditation welche Regionen im Gehirn genau aktivieren beziehungsweise deaktivieren. Und da man durch neurowissenschaftliche Forschungen mittlerweile weiß, welche Bereiche des Gehirns für was (Emotionen, Sprachverständnis, Mitgefühl etc.) und auch für welche Krankheiten (mit-)verantwortlich sind, könnten beispielsweise in der Zukunft genaue Meditationen für spezielle Krankheitsbilder erstellt werden.
Dass das zwar noch Zukunftsmusik ist, aber dennoch durchaus realistisch, zeigen erste Anwendungen bei Suchtverhalten, Essstörungen und Depressionen. Bei diesen Erkrankungen werden bereits speziell dafür zusammengestellte Meditationsprogramme in der Behandlung angewendet!
Und auch wer nicht an einer Erkrankung leidet, kann mit einer regelmäßigen Meditationspraxis sehr viel für seine Gesundheit tun und seine sozialen Fähigkeiten trainieren und verbessern.
Probieren Sie es doch gleich einmal aus!
Damit wünsche ich Ihnen eine wunderschöne Woche mit vielen Meditationen,
Ihre Silvia Duske
Literatur:
Breedvelt JJF, Amanvermez Y, Harrer M, Karyotaki E, Gilbody S, Bockting CLH, Cuijpers P und Ebert DD (2019): The Effects of Meditation, Yoga, and Mindfulness on Depression, Anxiety, and Stress in Tertiary Education Students: A Meta-Analysis. Frontiers in Psychiatry, 2019, Volume 10, Article 193
https://www.researchgate.net/publication/332624175_The_Effects_of_Meditation_Yoga_and_Mindfulness_on_Depression_Anxiety_and_Stress_in_Tertiary_Education_Students_A_Meta-Analysis/fulltext/5cc0c083299bf120977d7323/The-Effects-of-Meditation-Yoga-and-Mindfulness-on-Depression-Anxiety-and-Stress-in-Tertiary-Education-Students-A-Meta-Analysis.pdf?origin=publication_detail
Dusek JA, Hibberd PL, Buczynski B, Chang B-H, Dusek KC, Johnston JM, Wohlhueter AL, Benson H und Zusman RM (2008): Stress management versus lifestyle modification on systolic hypertension and medication elimination: A randomized trial. The Journal of alternative and complementary medicine 2008, 14:129–138
https://www.researchgate.net/profile/Jeffery-Dusek/publication/5535702_Stress_Management_Versus_Lifestyle_Modification_on_Systolic_Hypertension_and_Medication_Elimination_A_Randomized_Trial/links/09e4150e6f0ef7b680000000/Stress-Management-Versus-Lifestyle-Modification-on-Systolic-Hypertension-and-Medication-Elimination-A-Randomized-Trial.pdf?origin=publication_detail
Engert V, Kok BE, Papassotiriou I, Chrousos GP und Singer T (2017): Specific reduction in cortisol stress reactivity after social but not attention-based mental training. Science Advances, 2017, 3:e1700495
https://www.science.org/doi/pdf/10.1126/sciadv.1700495
Ott, Ulrich (2019): Meditation für Skeptiker. Knaur MensSana Taschenbuch, München
Puhlmann LMC, Vrtička P, Linz R, Stalder T, Kirschbaum C, Engert V und Singer T (2021): Contemplative Mental Training Reduces Hair Glucocorticoid Levels in a Randomized Clinical Trial. Psychosomatic Medicine, 2021, 83:894-905
https://www.researchgate.net/profile/Lara-Puhlmann/publication/346891084_Contemplative_mental_training_reduces_hair_glucocorticoid_levels_in_a_randomized_clinical_trial/links/5ff0ab3b45851553a014e6ea/Contemplative-mental-training-reduces-hair-glucocorticoid-levels-in-a-randomized-clinical-trial.pdf?origin=publication_detail
Rainforth MV, Schneider RH, Nidich SI, Gaylord-King C, Salerno JW und Anderson JW (2007): Stress reduction programs in patients with elevated blood pressure: A systematic review and meta-analysis. Current Hypertension Reports, 2007, 9:520–528
https://www.researchgate.net/profile/Sanford-Nidich/publication/5502552_Stress_Reduction_Programs_in_Patients_with_Elevated_Blood_Pressure_A_Systematic_Review_and_Meta-analysis/links/5ca625e7a6fdcca26dfec095/Stress-Reduction-Programs-in-Patients-with-Elevated-Blood-Pressure-A-Systematic-Review-and-Meta-analysis.pdf?origin=publication_detail
TIME Magazine (2018): The Antiaging Promise of Mindfulness (Studien von Dr. Clifford Saron) https://saronlab.ucdavis.edu/uploads/5/7/5/5/57553417/katherine_ellison_the_antiaging_promise_of_mindfulness_time_2018_special_issue_on_mindfulness.pdf
Seppala EM, Hutcherson CA, Nguyen DTH, Doty JR und Gross JJ (2014): Loving-kindness meditation: a tool to improve healthcare provider compassion, resilience, and patient care. Journal of Compassionate Health Care, 2014, 1:5
https://www.researchgate.net/profile/Cendri-Hutcherson/publication/272403436_Loving-kindness_meditation_a_tool_to_improve_healthcare_provider_compassion_resilience_and_patient_care/links/55dbd93a08ae9d6594936ca6/Loving-kindness-meditation-a-tool-to-improve-healthcare-provider-compassion-resilience-and-patient-care.pdf?origin=publication_detail
Timm C, Rachota-Ubl B, Beddig T, Zamoscik V, Ebner-Priemer U, Reinhard I, Kirsch P und Kuehner C. (2018): Mindfulness-Based Attention Training Improves Cognitive and Affective Processes in Daily Life in Remitted Patients with Recurrent Depression: A Randomized Controlled Trial.Psychother Psychosom. 2018, Volume 87, Artikel 3, Seite 184-186.
Valk SL, Bernhardt BC, Trautwein F-M, Böckler A, Kanske P, Guizard N, Collins DL, Singer T (2017): Structural plasticity of the social brain: Differential change after socio-affective and cognitive mental training. Science Advances, 2017, 3:e1700489
https://www.science.org/doi/pdf/10.1126/sciadv.1700489
Wielgosz J, Kral TRA, Perlman DM, Mumford JA, Wager TD und Davidson RJ (in press): Neural signatures of pain modulation in short-term and long-term mindfulness training: a randomized active-control trial. American Journal of Psychiatry.
https://centerhealthyminds.org/assets/files-publications/Wielgosz_AJP-21-02-0145.R1_MSFigTab_2022-02-23_accepted.pdf