Ich denke manchmal, dass wir uns vielleicht einfach weniger Sorgen und Gedanken machen sollten, um lieber etwas instinktiver und intensiver zu leben. Die folgende Fabel wird hoffentlich auch Sie ein wenig inspirieren, dem Leben öfter einmal Freiheiten zu gestatten und auch einmal alle Fünfe gerade sein zu lassen. Viel Freude daran!
Der philosophische Frosch
Eines schönen Sommertages begab sich ein Tausendfüßler auf seinen Weg, um Futter zu suchen. Dabei begegnete er einem großen, alten Frosch. Er war für einen Frosch sehr alt und hatte sich im Laufe seines Lebens angewöhnt, sich allerhand Gedanken zu machen. Dies ist jedoch nicht die Regel bei seinen Artgenossen, so dass diese ihn den „Philosophen“ nannten. Der Frosch beobachtete den Tausendfüßler eine Weile und begann sich Sorgen zu machen. „Es ist ungemein schwierig“, so sinnierte er, „zu lernen auf vier Beinen zu gehen. Wie viel schwieriger muss es erst sein, auf tausend Füßen zu gehen, ohne sich dabei zu irren?“ Er war der vollkommenen Überzeugung, dass dies ein Wunder sein musste. „Wie entscheidet ein Tausendfüßler, welchen Fuß er zuerst setzen muss? Danach steht doch sofort die nächste Entscheidung an und gleich darauf wieder eine.“ Das konnte er nicht unhinterfragt bleiben lassen. Deshalb hielt er den Tausendfüßler an und fragte ihn: „Du gibst mir ein Rätsel auf. Ich kann nicht verstehen, wie du läufst? Wie schaffst du das? Das scheint mir ein Ding der Unmöglichkeit zu sein!“
Bewusstheit
Ganz erstaunt erwiderte der Tausendfüßler: „Ach, mein ganzes Leben schon laufe ich, doch darüber habe ich mir noch nie Gedanken gemacht. Mhm, jetzt wo du mich fragst, werde ich einmal darüber nachdenken. Ich werde dir darauf antworten, wenn ich zu einem Schluss gekommen bin.“
„Der Frosch hat recht“, dachte der Tausendfüßler, „welchen Fuß muss ich als erstes setzen?“ Er versuchte es herauszufinden, indem er es ausprobierte. Doch je mehr er darüber nachdachte, desto unmöglicher wurde es ihm, sich zu bewegen. Ein paar Minuten vergingen, ohne dass er auch nur einen Fuß bewegen konnte. Dann schaffte er es endlich, doch er schwankte plötzlich und fiel um.
Als er sich wieder ein wenig aufgerappelt hatte, sagte er zu dem Frosch: „Bitte stelle mir nie wieder solch törichte Fragen. Mein ganzes Leben laufe ich schon. Meine Beine arbeiten ohne Unterlass und so präzise wie ein Uhrwerk. Doch seit du mit deiner nichtsnutzigen Frage ankamst, fällt es mir sehr schwer, denn vor lauter Denken ist es mir unmöglich, auch nur einen Fuß vor den anderen zu setzen. Wie soll ich es denn dann schaffen, meine Tausend Füße harmonisch zu bewegen?“
