„Mann, was war das wieder peinlich!“, „So wie du aussiehst, wird sich eh kein Mann für Dich interessieren.“, „Du bist so dumm, kein Wunder dass Du nur einen stupiden Bürojob hast!“ So oder ähnlich klingen Aussagen des inneren Kritikers. Und auch wenn diese meist völlig übertrieben und sogar unwahr sind, hören wir sie uns immer wieder an.
Ist ein innerer Kritiker grundsätzlich schlecht?
Zunächst einmal: So einen inneren Kritiker hat jeder, wirklich jeder Mensch! Und das ist auch gut so! Denn diese innere Stimme ist notwendig für Reflexion und somit auch für unser Wachstum. Wenn sie sich jedoch ausschließlich negativ äußert, ständig herablassende Kommentare, völlig überzogene Übertreibungen und auch Unwahrheiten von sich gibt, ist es Zeit, etwas dagegen zu unternehmen. Denn mit der Zeit und vor allem, wenn wir uns diese Äußerungen immer wieder anhören, schmälern sie unser Selbstvertrauen und unser Selbstwertgefühl.
Das hat, genau wie bei Glaubenssätzen, mit Wiederholungen zu tun: Je öfters der innere Kritiker eine bestimmte, negative Äußerung von sich gibt, desto mehr neigen wir dazu, ihm zu glauben. Mit dem Effekt, dass wir mutlos, resigniert und traurig werden und uns nur noch wenig bis gar nichts mehr zutrauen. Das kann so weit gehen, dass wir uns irgendwann sogar für wertlos halten. Und dann ist auch eine Depression nicht mehr weit!
Die Geburt des inneren Kritikers
Wie schon bei Glaubenssätzen liegt die Entstehung des inneren Kritikers in der Kindheit begründet. Als Kind wollten wir unsere Eltern zufriedenstellen. Deswegen entwickelten die meisten von uns eine innere Stimme, die uns vorgab, was gut oder schlecht, erlaubt oder verboten war. Als Bezugspunkt wurden dabei unsere Eltern herangezogen, die uns dieses bereits vorgegeben und auch vorgelebt hatten. Und mit dieser inneren Stimme ermahnten wir uns nun selber, damit die Eltern uns nicht wieder ausschimpften oder bestraften.
So geboren, wird diese innere Stimme, der innere Kritiker, mit den Jahren größer und lauter. Denn es sind irgendwann nicht mehr nur die Eltern, denen wir es recht machen wollen: Es kommen Freunde, Lehrer, Professoren, Kollegen und Chefs dazu. Auch gesellschaftliche Vorgaben und Normen werden häufig verinnerlicht und durch den inneren Kritiker thematisiert.
Wenn der innere Kritiker sich zum Feind entwickelt
Dient die innere Stimme bei Kindern noch der Entwicklung von richtigen Verhaltensweisen, kann sie im Erwachsenenalter jedoch problematisch werden. Zwar wird auch als Erwachsener eine innere Stimme gebraucht – vor allem wenn es um Selbstreflexion geht und daran, an herausfordernden Situationen zu wachsen – sollte diese jedoch Überhand nehmen und sich nur noch abfällig und abwertend äußern, ist es Zeit, etwas dagegen zu tun. Denn statt sie Sie unterstützt und Ihnen hilft, Selbstbewusstsein aufzubauen, macht sie Sie herunter. In so einem Fall ist der innere Kritiker zum eigenen und größten Feind geworden!
Menschen, die einen überlauten und dominierenden Inneren Kritiker besitzen, haben sich häufig von ihrer Umgebung zurückgezogen, da sie ein negatives Bewusstsein um die eigene Person entwickelt haben und davon überzeugt sind, dass sie eh niemand mag oder mögen wird. Nicht selten hat so jemand weder eine Beziehung noch Freunde und auch fast keine Bekanntschaften.
Und auch im Beruf bleiben Erfolg und Glück aus. Denn dadurch, dass sich so jemand nichts oder nur wenig zutraut, werden die an ihn*sie gestellten Aufgaben zögerlich und vorsichtig bearbeitet. Häufig schleichen sich zudem Fehler ein, weil der*diejenige alles richtig machen will, jedoch so viele Unwägbarkeiten einkalkuliert, dass er*sie das eigentlich Wichtige komplett aus den Augen verliert. So hat sich die Aussage des inneren Kritikers zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung verwandelt.
Kein Wunder also, wenn Glück und Zufriedenheit wie schwer erreichbare Ziele erscheinen.
Wie Sie den inneren Kritiker bändigen können
Doch es gibt auch gute Nachrichten: Zwar können Sie Ihren inneren Kritiker nicht zum Schweigen bringen, aber Sie können lernen, mit ihm umzugehen und seine Kommentare besser zu händeln.
Machen Sie sich zuallererst bewusst, dass Sie einen extrem „scharfen“ inneren Kritiker haben, der alles, was Sie tun, von der düstersten Seite sieht. Analysieren Sie anschließend, wo diese Aussagen genau herkommen: Haben Sie vielleicht in der Vergangenheit eine Situation erlebt, die Sie nicht richtig gehändelt haben und dadurch einige Unbilden erfahren? Dann machen Sie sich klar, dass diese Situation vorbei ist und Sie diese Lerneinheit mitgenommen haben, um den gleichen Fehler nicht erneut zu begehen.
Auch kann es gut für Sie sein, wenn Sie sich von den Aussagen Ihres inneren Kritikers distanzieren. Wenn dieser also wieder in Ihren Gedanken sagt: „Vergiss es, das kannst Du eh nicht!“ dann entschärfen Sie diese Worte, indem Sie sie umwandeln zu „Ich denke, dass ich das nicht kann“ (mit der Betonung auf „denke“!). Jetzt haben Sie die Möglichkeit, zu ergründen, ob diese Aussage nun wirklich stimmt und korrekt ist – meist ist sie das nämlich nicht! Beziehungsweise es ist nicht erwiesen, dass Sie es wirklich nicht können, da Sie es noch nie versucht haben.
Außerdem haben Sie natürlich die Möglichkeit, die Meinung des inneren Kritikers zu widerlegen, indem Sie die Sache, die Ihnen der innere Kritiker nicht zutraut, ausprobieren. Vielleicht fallen Ihnen auch einige andere Situationen ein, die zwar nicht gleich, aber ähnlich waren und die Sie problemlos gemeistert haben. Mit so einem Wissen im Gepäck wird Ihnen diese neue Herausforderung noch leichter von der Hand gehen.
Auch ist es empfehlenswert, wenn Sie sich positive Affirmationen suchen, die Sie täglich für sich selber wiederholen. Denn auch hier liegt der Erfolg in der Wiederholung begründet!
Damit wünsche ich Ihnen eine wunderschöne Woche mit einem gebändigten inneren Kritiker,
Ihre Silvia Duske